Aachener Kunstschätze in der Ukraine: „Kooperation statt Rückforderung“

Die Verwaltung wird beauftragt, zu prüfen, ob und wie bei den im Museum Simferopol/Urkraine aufgefundenen Gemälden aus dem Aachener Suermondt-Ludwig-Museum auf Restitutionsansprüche verzichtet oder diese ausgesetzt werden können.

Ratsantrag

 

Die Verwaltung wird beauftragt, zu prüfen, ob und wie bei den im Museum Simferopol/Urkraine aufgefundenen Gemälden aus dem Aachener Suermondt-Ludwig-Museum auf Restitutionsansprüche verzichtet oder diese ausgesetzt werden können.

Zwischen dem Museum in Simferopol und dem Suermondt-Ludwig-Museum sowie den Städten Simferopol und Aachen sollte eine Kooperation angestrebt werden, die nicht durch Restitutionsansprüche oder unklare juristische Fragen belastet ist.

Begründung

2008 wurden im Museum Simferopol/Ukraine 87 Gemälde ausgestellt, die bis zum Ende des 2. Weltkriegs zum Bestand des Aachener Suermondt-Ludwig-Museums (damals noch Suermondt-Museum) gehörten und seit Kriegsende verschollen waren. Die Ausstellung wurde Ende 2008 in Aachen bekannt. Durch die öffentliche Ausstellung konnte der Verbleib der Bilder geklärt werden. Dass es sich um Bilder aus Aachen handelt, wird sowohl durch das Museum Simferopol als auch durch weitere Zeugen bestätigt.

Ob eine Forderung nach Rückgabe der Bilder an die Stadt Aachen und das Suermondt-Ludwig-Museum durchgesetzt werden kann, ist unklar. Nach Presseinformationen besteht keine Bereitschaft der ukrainischen Seite über eine Rückgabe zu verhandeln. Die Erfahrung zeigt auch, dass die Durchsetzung von Rückgabeansprüchen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion so gut wie unmöglich ist.

Die Restitution hätte das Ziel, Aachen als Eigentümer der Bilder zu bestätigen und die Bilder als Eigentum der Stadt nach Aachen zurückzuführen. Ein alter, durch die geschichtliche Entwicklung überholter Zustand soll wieder hergestellt werden. Das wäre allein eine juristische Frage, die mit juristischen Argumenten und diplomatischen Verhandlungen geklärt werden könnte. Die historischen Umstände, die zum Verlust der Bilder geführt haben und dazu, dass diese sich heute in der Ukraine befinden, sind allerdings so, dass eine juristische Auseinandersetzung über Eigentumsrechte hier zu kurz greift.

Der Verlust der Aachener Bilder ist eine Kriegsfolge. Deshalb müssen die Umstände, die zum Krieg geführt haben, berücksichtigt werden, die Folgen des Krieges und die Frage, wer dafür Verantwortung trägt. Mit Recht weist das Museum in Simferopol darauf hin, dass seine Sammlung durch deutsche Luftangriffe während des Krieges fast vollständig zerstört wurde. Es ist deshalb nachvollziehbar und akzeptabel, dass das Museum Simferopol die Bilder aus Aachen als „Wiedergutmachung“ dieser Verluste sieht.

Deutschland und Deutsche tragen nicht nur Verantwortung für die Zerstörung der Bestände des Museums in Simferopol. Im Dezember 1941 fand das berüchtigte Simferopol-Massaker statt. Dabei wurden annähernd 14.000 Jüdische Bürger innerhalb von wenigen Tagen von SS-Leuten ermordet. (s. z. B. www.ns-archiv.de/einsatzgruppen/jonas/eidesstattliche-erklaerung.php). Semferopol ist keine Ausnahme. In ganz Osteuropa wurde der Krieg von den Deutschen mit größter Grausamkeit und ohne Rücksicht geführt, gab es systematisches Morden und wurden Kulturgüter zerstört oder geraubt.

Nach Presseberichten gibt es Signale des Museums Simferopol, dass dieses an einer Kooperation interessiert ist. Inhalt der Kooperation könnte eine Ausstellung der jetzt in Simferopol befindlichen Bilder in Aachen sein und im Austausch eine Ausstellung aus den Beständen des Suermondt-Ludwig-Museum in Simferopol. Beide Institute würden davon profitieren. Die Möglichkeiten einer Kooperation sollten deshalb geprüft und die dafür notwendigen Vorrausetzungen geschaffen werden. Dazu kann auch der Verzicht auf eine Rückgabe der ehemals Aachener Kunstwerke gehören. Diese Kooperation kann auch weiter ausgebaut werden.

Eine Entscheidung der Stadt Aachen, auf eine Rückgabe zu verzichten, würde diese Kooperation erleichtern. Die Stadt Aachen könnte damit auch politisch das Zeichen setzen: Aachen setzt darauf, heute und in Zukunft in Europa kulturell zusammen zu arbeiten und nicht darauf, das Rad der Geschichte zurückzudrehen.

Michael Rau, Fraktionssprecher GRÜNE
Hermann Josef Pilgram, Ratsherr GRÜNE, Kulturpolitischer Sprecher

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