Planungsrechtliche Absicherung der Ausgleichsflächen für AVANTIS

Die Verwaltung wird beauftragt, den Entwurf eines Bebauungsplans zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.

Ratsantrag



Die SPD-Fraktion und die Fraktion Die Grünen im Rat der Stadt Aachen  beantragen, im Rat, dem zuständigen  Fachausschuss und der Bezirksvertretung Aachen-Richterich folgenden Beschluss zu fassen:

Mit dem Ziel der planungsrechtlichen Absicherung der im Rahmen des Bebauungsplan 800 - Gewerbe- und Wissenschaftspark AVANTIS - festgelegten Ausgleichsflächen wird die Verwaltung beauftragt, den Entwurf eines Bebauungsplans zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.

Begründung gemäß Bericht der Stadt Aachen vom 21.02.2008 an den Petitionsausschuss des Landtages NRW:

Der Ratsbeschluss zum Gewerbegebiet AVANTIS erfolgte unter der Bedingung, dass für die Errichtung dieses Gewerbegebietes ein funktionaler Ausgleich aus Sicht des Artenschutzes gewährleistet ist. Diese Bedingung war maßgeblich Bestandteil der Abwägungen zum Bebauungsplan 800, da bereits im Vorfeld deutlich wurde, dass bedrohte und seltene Arten der Feldfauna in ihrem zentralen Verbreitungsgebiet durch die Gewerbegebietsplanung betroffen sein würden. Zu nennen sind hier insbesondere Vogelarten wie Wachtel, Rebhuhn oder auch Schafstelze und Grauammer. Vor diesem Hintergrund wurde, unterstützt durch entsprechende Fachgutachten, ein Ausgleichsflächenkonzept erarbeitet, das den Lebensraumansprüchen dieser Arten in besonderer Weise Rechnung trug, den Charakter der Freiwilligkeit  bei der Bereit-stellung landwirtschaftlicher Flächen besaß, aber aufgrund der Erfordernisse der Bauleitplanung auch unter der Voraussetzung stand, dass abschließend dauerhafte vertragliche Regelungen, die darüber hinaus fachlich eindeutig dem Ziel des funktionalen Ausgleichs entsprechen, zu treffen waren. Dieses Konzept wurde konsequent und zeitnah umgesetzt, sowohl in Art als auch im Umfang der erforder-lichen Maßnahmen. Ein jährliches Monitoring begleitet seit 1997 die Umsetzung dieser Maßnahmen im Hinblick auf Umsetzungs- und Wirkungskontrolle.

Voraussetzung für die Konzeption war jedoch auch die gutachterliche Aussage, dass der Raum der `Horbacher BördeA , der zu allen Seiten entweder durch Infrastruk-turbänder oder Siedlung begrenzt ist, eine hinreichende Größe und Unzerschnit-tenheit aufweist, um als Ausgleichsraum für die hier betroffenen Arten der Feldfauna dienen zu können. Aus den seinerzeit erstellten Gutachten geht jedoch auch hervor, dass eine weitere Zerschneidung des Raumes den Kompensationserfolg nachhaltig gefährden würde.
In der Folge wurde dann, als der Feldhamster stärker die konzeptionalen Über-legungen prägte, eine in der Art der Maßnahmen auf diese bedrohte Art hin modi-fizierte Kompensationsplanung erstellt, welche darüber hinaus im Hinblick auf den Einfluss möglicher weiterer Planungen im Raum der Horbacher Börde bewertet und in ihrer Funktionalität beurteilt wurde. Das hieraus entwickelte naturschutzfachliche Kompensationskonzept, das sehr konkret die Rahmenbedingungen beschreibt, unter denen eine erfolgreiche Kompensation möglich ist (u.a. keine weitere Zerschneidung des Raumes durch verkehrliche Infrastruktur), war 1997 Gegenstand der Petitions-ausschussentscheidung im Landtag und darüber hinaus wesentliche Grundlage für die weiteren Erörterungen mit der Europäischen Kommissen (GD XI). Vor dem Hinter-grund dieses Konzeptes ist es unzweifelhaft, dass die Errichtung einer Umgehungsstraße in der Horbacher Börde die Funktionsfähigkeit der Kompensationsmaßnahmen zum Bebauungsplan 800 gefährdet und insofern vonseiten der Stadt Aachen nicht toleriert werden kann.

Im Hinblick auf die im Zusammenhang mit AVANTIS zwischen der seinerzeitigen Bundesregierung und der Europäischer Kommission geführten Diskussionen, die im wesentlichen auf die Frage abzielten, ob durch das Gewerbegebiet AVANTIS Artikel 12 der FFH-Richtlinie verletzt und in der Folge Artikel 16 nicht richtlinienkonform angewendet wurde, spielt die Frage der Funktionstüchtigkeit und Dauerhaftigkeit der Ausgleichsmaßnahmen zum Bebauungsplan 800 eine zentrale Rolle. Da die Maßnahmen im Laufe der sehr intensiven Diskussionen konsequent auf die Förderung des Feldhamsters hin optimiert wurden, ist die Stadt Aachen nach wie vor in der Lage, ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit Artikel 12 und 16 der FFH-Richtlinie zu erfüllen. In einem in Brüssel geführten Gespräch mit Generaldirektion Xl, in der Folge dokumentiert durch ein Schreiben vom 21. November 2001, sind die Bundesrepublik Deutschland, das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Aachen gegenüber der Kommission Verpflichtungen eingegangen, die im Wesentlichen darin bestehen, die mehrmals beschriebenen  Kompensationsmaßnahmen zum Gewerbegebiet AVANTIS dauerhaft und in für den Feldhamster funktionstüchtiger Form vorzuhalten. Dies auch mit dem Ziel, sofern (was durch Gutachten danach bestätigt wurde) die Feldhamsterpopulation in Aachen erloschen sei, ein Wiederansiedlungsprogramm für den Feldhamster auf den Kompensationsflächen durchzuführen. Die Stadt Aachen sieht sich nach wie vor an die seinerzeit getroffenen Zusagen gebunden und beabsichtigt, den eingegangenen Verpflichtungen auch weiterhin nachzukommen.

Das erscheint vor dem Hintergrund neuerer Erkenntnisse im Interesse von AVANTIS auch dringend geboten zu sein. So kommen offenkundig die Niederlande ihren Verpflichtungen gegenüber der GD XI der EU-Kommission nach und führen seit Jahren ein Zucht- und Wiederansiedlungsprogramm durch. Im letzten Jahr sind offen-kundig in direkter Nähe zur deutsch-/niederländischen Grenze Wiederansiedlungs-maßnahmen durchgeführt worden. Da dies in enger räumlicher Nähe zu AVANTIS erfolgt ist, ist zu erwarten, dass früher oder später wieder der Feldhamster in Deutschland und wahrscheinlich auch auf dem Gebiet von AVANTIS heimisch sein werden. Für diesen Fall werden funktionstüchtige und unbeeinträchtigte Kompensa-tionsflächen für die dann ggf. erforderlichen Umsiedlungen von Tieren dieser Art zwingend erforderlich sein.

Aufgrund aller der Stadt Aachen vorliegenden Erkenntnisse ist jedoch jedwede Variante, die den Raum der Horbacher Börde zerschneidet, geeignet, die Funk-tionstüchtigkeit des Gesamtraumes, aber auch einzelner Maßnahmen im Umfeld der geplanten Trasse im Hinblick auf den Kompensationserfolg zum Bebauungsplan 800, aber auch im Hinblick auf die Eignung dieser Flächen für den Schutz des Feldhamster oder seine Wiederansiedlung nachhaltig zu beeinträchtigen. Insofern verstößt diese Straßenbauplanung (B 258 n) erkennbar gegen Zusagen vom 21. November 2001 und verletzt vitale Interessen der Stadt Aachen, wobei auch nicht außer acht zu lassen ist, das mit AVANTIS auch Fördermittel des Landes betroffen sind.


Heiner Höfken    
Fraktionsvorsitzender SPD

Monika Kuck
Fraktionssprecherin GRÜNE


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