Grenzwertaufweichung im Immssionsschutzgesetz

Änderung des Immissionsschutzgesetzes ist eine Nebelkerze auf Kosten der Autofahrer*innen.

Oliver Krischer, MdB und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN im Bundestag zur Änderung des Immssionsschutzgesetzes:

Darum geht's:
Die GroKo beschließt am 14.3.19 die Änderung des Immissionsschutzgesetzes und versucht de facto eine Grenzwerterhöhung von 40 auf 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid, um der Autolobby auf Kosten unserer Umwelt und Gesundheit eine Gefälligkeit zu erweisen

Das sagen wir dazu:
Wieder nur ein Gesetz für die Autolobby, statt die Gesundheit der Menschen mit wirksamen Maßnahmen - z.B. Hardware-Nachrüstungen - zu schützen. 

Das Gesetz ist wieder nur ein Gesetz für die Autolobby. Die Luft in den Städten wird dadurch kein Deut besser. Damit hält die Bundesregierung an ihrer Symbolpolitik fest und riskiert weiterhin Fahrverbote.

Die Bundesregierung wiegt tausende Bürgerinnen und Bürger in der falschen Sicherheit, dass in ihrer Stadt nie ein Fahrverbot kommen wird. Doch auch in Zukunft werden sich Gerichte auf den 40-Mikrogramm-Grenzwert beziehen müssen, wenn es darum geht, über Fahrverbote zu urteilen. Platzt dieser ungedeckte Scheck, wird der Politikverdruss riesig.

Um die Gesundheit der Menschen zu schützen, braucht es endlich wirksame Maßnahmen dieser Bundesregierung in Form von Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autoindustrie und die Einführung der blauen Plakette.

Doch mit ihrer Tatenlosigkeit lässt die Bundesregierung Länder und Kommunen im Regen stehen. Diese dürfen jetzt nicht auf den Taschenspielertrick der Bundesregierung reinfallen, sondern müssen sich konsequent für den Gesundheitsschutz in deutschen Städten einsetzen. Das beste Beispiel, dass sinnvolle Luftreinhalteplanung unter Einhaltung bestehender Grenzwerte funktioniert, haben die Stadt Wiesbaden und das Land Hessen geliefertDAS MUSS MAN WISSEN (HINTERGRUND)

Die Bundesregierung versucht einen juristischen Trick: Fahrverbote sollen künftig schwieriger zu verhängen sein, auch wenn die Grenzwerte (zwischen 40 und 50 μg NO2) überschritten sind. Sowohl im Rahmen der Anhörung des Umweltausschusses (insb. Prof. Dr. Klinger und Herr Kopp-Assenmacher, Fachanwalt für Umweltrecht) als auch in der Stellungnahme der Europäischen Kommission zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes wurde allerdings bereits formuliert, dass das Gesetz nicht in der Lage ist, Fahrverbote bei Messwerten zwischen 40 und 50 μg NO2 zu verhindern. Fahrverbote sind trotz des Gesetzes weiterhin zwingend erforderlich, wenn es kein anderes Mittel gibt, das die Einhaltung des Grenzwertes von 40μg NO2 ebenso schnell erreicht.

Auch weitere Stimmen in der juristischen Fachliteratur kommen zu dieser Einschätzung und sehen die „Auslegungshilfe“ der Bundesregierung darüber hinaus als verfassungs- und europarechtswidrig (Prof. Dr. Dr. Will, „Neues zu den sog. Diesel-Fahrverboten“, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht S. 17 (24 f.)). In den renommierten juristischen Fachzeitschriften finden sich keine Stimmen, die die Position der Bundesregierung stützen. Auch aus unserer Sicht ist die Position der Bundesregierung juristisch nicht haltbar und führt nur zu mehr Rechtsunsicherheit.

Länder und Städte, die sich auf die Wirksamkeit der neuen Regelungen verlassen, erhöhen zum einen die Gesundheitsrisiken für insbesondere sensible Personengruppen (Kinder, Schwangere, Alte, Menschen mit Atemwegserkrankungen) und laufen zum anderen Gefahr wegen europarechtswidrigen Verhaltens vor Gericht verklagt zu werden. Zudem droht Deutschland beim Versuch der Umsetzung des geänderten Bundesimmissionsschutzgesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU Kommission sowie Strafzahlungen.

Es lohnt auch ein Blick nach Wiesbaden: Die Stadt hat zusammen mit der Landesregierung einen ambitionierten Luftreinhalteplan vorgelegt. Dort wird der Umweltverbund gestärkt durch mehr Radwegen, Park-and-Ride-Parkplätzen oder den Einsatz von Elektrobussen. Solche Maßnahmen muss die Bundesregierung deutliche schneller vorantreiben. Der ehrgeizige Luftreinhalteplan wurde durch die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die rechtswidrige Nicht-Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwertes beschleunigt und hilft den Wiesbadener*innen nun schneller zu einer sauberen und gesunden Luft.

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