Zweifel an der Zuverlässigkeit von RWE

Müllverbrennung im Kraftwerk: Skepsis bleibt trotz guter Testergebnisse. Landrat befürchtet Auswirkungen auf Gebühren.

Müllverbrennung im Kraftwerk: Skepsis bleibt trotz guter Testergebnisse. Landrat befürchtet Auswirkungen auf Gebühren.
Von Jutta Geese und Horst Schmidt

Aachen. Als Anfang März bekannt wurde, dass im Kraftwerk Weisweiler ein Versuch zur Mitverbrennung von so genannten Sekundärbrennstoffen (SBS) läuft, war die Empörung bei Bürgern und Politikern groß. Die einen fürchten vor allem eine höhere Schadstoffbelastung, die anderen dazu massive Auswirkungen auf die Auslastung der benachbarten Müllverbrennungsanlage - (MVA) und damit auf die Gebührenzahler. Denn SBS wird aus Haus- und Sperrmüll hergestellt, und der MVA werde Müll entzogen, wenn es zum großtechnischen Einsatz von SBS in Braunkohlekraftwerken komme, glauben sie.

Jetzt liegen die Ergebnisse des zweiwöchigen Tests vor. „Technisch und unter Umweltgesichtspunkten machbar“, lautete das Fazit von Kraftwerksleiter Wolfgang Oschmann bei der Präsentation. Die Beimischung von im Schnitt zwei Prozent SBS habe keine negativen Auswirkungen gezeigt, sämtliche gemessenen Emissionen lägen deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten. Mit den Ergebnissen, ermittelt aus etwa 8000 Analysewerten aus mehr als 300 Einzelproben, liege das Kraftwerk „jenseits von gut und böse“, betonte Oschmann.
Bewerten konnten die Politiker dies nicht, zumal die Daten ihnen am Donnerstagabend zum ersten Mal vorgelegt wurden, und das in einem mündlichen Vortrag. „Ich gehe davon aus, dass wir die Daten auch offiziell bekommen, damit wir sie von Fachleuten prüfen lassen können“, betonte Landrat Carl Meulenbergh, der auch die ökonomischen Folgen einer dauerhaften Mitverbrennung von SBS im Blick behielt.

Ob RWE denn jetzt einen Genehmigungsantrag auf dauerhaften SBS-Einsatz stellen werde, wollten die Politiker wissen. Das werde frühestens Anfang des nächsten Jahres entschieden, erklärte Oschmann. Zum einen müsse noch geklärt werden, ob vorab eine „Vorbelastungsuntersuchung“ in der Umgebung des Kraftwerks erfolgen müsse. Zum anderen wolle man erst einmal die Entwicklungen auf dem Müllmarkt beobachten. „Seit der Schließung der Deponien tut sich da ja eine Menge. Aber ich habe gesagt: Ich mache keine SBS-Verbrennung im Kraftwerk, wenn nebenan in der Müllverbrennungsanlage der Müll fehlt.“ Er räumte jedoch ein, dass die Entscheidung höheren Orts im RWE-Konzern falle. Die MVA Weisweiler werde durch SBS nicht gefährdet, versuchte Reinhard Van Vlodorp, Geschäftsführer Technik der RWE Umwelt West GmbH, die zu 50 Prozent an der MVA beteiligt ist, die Politiker zu beruhigen. RWE sei ein zuverlässiger Vertragspartner. Der Verpflichtung, jährlich 145 000 Tonnen Müll zu liefern, werde das Unternehmen nachkommen. Deshalb gebe es auch „keine negativen Auswirkungen für die Gebührenzahler“.

Das sahen der Landrat und MVA-Geschäftsführer Ulrich Koch anders. „Wenn im Weisweiler Kraftwerk schon 100 000 Tonnen SBS verbrannt werden sollen, kann man sich ausmalen, welche Mengen in den neuen RWE-Anlagen möglich sind“, betonte Meulenbergh. Und das führe in jedem Fall dazu, dass der MVA Müll entzogen werde. Koch und Meulenbergh stellten auch die Zuverlässigkeit des Vertragspartners RWE in Frage. Zwar laufe der Vertrag noch bis zum Jahr 2017, RWE wolle aber den Konzernteil RWE Umwelt GmbH verkaufen und versuche, teilweise aus den Verpflichtungen auszusteigen, was massive Folgen für die Müllgebühren hätte.

Da gebe es noch Klärungsbedarf, räumte Van Vlodorp ein. Er sei aber zuversichtlich, „dass die Verantwortlichen einen vernünftigen Weg finden“. --

Sam, 18. Juni 2005
Aachener Nachrichten - Stadt / Lokales / Seite 20

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